Augustinerkirche, Grundriss | © Augustiner Wien

Augustinerkirche, Grundriss | © Augustiner Wien

Augustinerkirche

Für die Kunst- und Architekturgeschichte auf Wiener Boden stellt die Augustinerkirche für die Zeit vor der Schleifung der alten Stadtmauern (1857) den zweitgrößten Kirchenbau im Wiener Bereich dar. Der 80m lange gotische Kirchenraum wurde als Hallenkirche errichtet, wobei der Hochchor davon 30m in Anspruch nimmt und mit einem 7/10 Schluss seinen krönenden Abschluss findet. Herzog Friedrich der Schöne stiftete diese Kirche im Jahre 1327, die dann am 1. November 1349 geweiht wurde.

 

Augustinermönche

Von 1327 bis 1836 wirkten Augustinermönche an dieser Kirche, die auch von 1634 bis 1918 die kaiserliche Hofpfarrkirche war. Bedingt durch die josephinischen Reformen und den napoleonischen Kriegen jedoch starb das Kloster aus und wurde Weltpriestern übergeben. Seit 1951 betreuen wieder Augustiner die Kirche. Heute leben und wirken vier Augustiner an der Augustinerkirche und stellen sich der wichtigen Aufgabe, den Augustinerorden in Österreich wieder aufzubauen bzw. zu stärken.

 

Augustinerkirche, Canova-Denkmal | © Augustiner Wien

Augustinerkirche, Canova-Denkmal | © Augustiner Wien

Canova-Denkmal

Wenn man die Kirche betritt steht auf der rechten Seite das monumentale Hauptwerk von Antonio Canova, das Grabdenkmal für Erzherzogin Marie Christine, Gattin Albrechts von Sachsen-Teschen, einer Tochter Maria Theresias. Dieses Monument in steiler pyramidaler Form diente auch zur Vorlage für Canovas eigenes Grabmonument, das seine Schüler in der Kirche S. Maria dei Frari in Venedig später errichteten.

Über eine Stufenanlage erhebt sich die Grabpyramide mit einem dunkel erscheinenden, illusionistischen Grabtor ins Totenreich, auf welches der Trauerzug mit den Personifizierungen der Tugend (mit einer Urne) und der Caritas (die einem Greis beim Gehen hilft) zuschreiten. Der Löwe als Symbol der Macht ruht auf den Stufen, auf der Wandpyramide hält über dem Tor ein Genius das Bildnismedaillon der Erzherzogin. Das Grabmal wurde 1798 bis 1805 erbaut und gilt als Hauptwerk der klassizistischen Grabmalkunst.

 

Augustinerkirche, Kirchenbänke | © Augustiner Wien

Augustinerkirche, Kirchenbänke | © Augustiner Wien

Kirchenbänke

Es entspricht der aufklärerischen, vernunftbetonten Vorgangsweise Kaiser Joseph II., für die Einrichtung nicht nur gestalterisch zurückhaltend vorzugehen, sondern es kamen auch Ausstattungsstücke jener Klöster "ohne besondere Aufgaben", die im Nahbereich gelegen und aufgehoben worden waren in der Augustinerkirche zur Anwendung.

Die Kirchenbänke in den östlichen Langhausjochen mit ihren reich ornamentierten Wangen und biblischen Szenen an den Stirnseiten, um 1730 von Johann Baptist Straub ausgeführt, kamen aus der ehemaligen Schwarzspanierklosterkirche in der ehem. Alservorstadt in Wien, diejenigen mit intarsierten Wangen mit dem jeweiligen Emblem Kaiser Karls VI. stammen aus der unter Kaiser Josef I. und unter Maria Theresia veränderten Kammer- oder Josefskapelle in der Wiener Hofburg bzw. des ehem. Jakoberklosters.

 

Augustinerkirche, Hochaltar | © Augustiner Wien

Augustinerkirche, Hochaltar | © Augustiner Wien

Hochaltar

Der heutige steinerne, polychromierte Hochaltar von Andreas Halbig ist der fünfte in der Geschichte der Augustinerkirche. Dieser aus Sandstein gefertigte Hochaltar im Stile des 15. Jahrhunderts wurde 1857 bis 1870 ausgeführt und war ursprünglich für die Votivkirche in Wien bestimmt gewesen.

Beim sogenannten "Christkönigsaltar" wurde bei der Innenrestaurierung (1997-1999) die ursprüngliche neugotische farbige Fassung hergestellt, wie in den Wandzonen des Polygons die neugotische Ausmalung durch Andreas Halbig (1870 vollendet) freigelegt und restauriert wurde. Somit ist sowohl der Hochaltar in seiner gestalterischen Autonomie, die sich in seiner Struktur als Turmreich fialenbekrönter Tabernakelaltar in Form einer Riesenmonstranz offenbart und in seinen Detailformen von der brabantischen Gotik angeregt erweist, als auch die bekrönende Wirkung des originalen gotischen Polygons im Akkord mit der klassizierenden Fassung des Innenraumes unter Respekt des historisch gewachsenen Zustandes vollzogen.

 

Christus König

Mittig zeigt der Altar Christus als den Weltenherrscher, umgeben von vielen Engelsdarstellungen, vor allem auch die Namenspatrone von Kaiser Franz Josef.

 

Augustinerkirche, Presbyterium | © Augustiner Wien

Augustinerkirche, Presbyterium | © Augustiner Wien

Presbyterium

Die Gestaltung des Presbyteriums stammt aus dem Jahre 2003 und ist im Entwurf und in der Ausführung von Mag. Johannes Höfinger.

Altar und Ambo sind aus weißem, feinkristallinen "Carrara statuario" Marmor gehauen, wobei die Dreiecksform, geschlossen oder offen, dominiert. Dazu wurde der Künstler angeregt von einem Hauptwerk des hl. Augustinus: "De trinitate". Der dreifaltige Gott, angebetet und verherrlicht in der Feier der Eucharistie, soll in diesem Symbol den Altarraum durchdringen. Der Altar zeigt im Stippes das Duale, das Grobe und das Feine, das Begegnen, die brüderliche Umarmung, das gemeinsame Streben, im Zentrum die Reliquien; in der Vorderansicht ist eine dreieckige Form als Mensa, einerseits Symbol für den dreifaltigen Gott, andererseits ein Hinweis auf das aufgeschlagene Buch - "Tolle lege, tolle lege" ("Nimm und lies, nimm und lies").

Der Reliquiarverschluss ist aus Bronze, dunkel patiniert und die Höhen sind blank gerieben. Er zeigt in seiner runden Form die Schöpfung Gottes und im Kreuz das Opfer und die Wandlung. Der Ambo nimmt die Thematik des Altares auf, wobei die dreieckige Form nicht mehr symmetrisch ist. Der Osterleuchter aus Chromnickel-Edelstahl zeigt den Lauf des Lebens, den Weg durch Zeit und Raum. Das Vortragekreuz ist aus Polyester und mit Doppeldukatengold echt vergoldet. Es zeigt so als Triumphkreuz auf die Hoffnung und den Glauben. Die Sessio, die Altarleuchter und der Osterleuchter sind aus Chromnickel-Edelstahl gearbeitet und bilden in ihrer Einheit in Material und Formgebung einen neuen Akzent.

Auch die neue Bestuhlung, hergestellt von der Fa. Arnauer in Sierndorf, fügt sich in das Konzept ein, dass die Wegrichtung zum Hochaltar nicht beeinträchtigt wird, aber doch ganz klar da ist.

 

Augustinerkirche, Georgskapelle | © Augustiner Wien

Augustinerkirche, Georgskapelle | © Augustiner Wien

Georgskapelle

Genuin unabhängig von der Augustinerkirche wurde südlich des Chores die Georgskapelle als liturgischer Versammlungsraum der von Herzog Otto dem Fröhlichen - einem jüngeren Bruder von König bzw. Herzog Friedrich dem Schönen - gegründeten St. Georgsritterschaft errichtet, die urkundlich 1337 als Stiftung von Ulrich von Wallsee erwähnt und 1341 geweiht wurde. Ihre Zweischiffigkeit erklärt sich daher in dieser Doppelfunktion der Widmung.

Die Kapelle diente gewiss als liturgischer Versammlungsraum des Georgs-Ritterordens und eben der Familie Wallsee und nicht als Kapitelsaal der Augustiner, denn dieser war der Kapelle vorgelagert und hatte gewiss auch ihren Zugang vom Kapitelsaal her. Daher erklärt sich die Zweischiffigkeit des Hallenraums, wobei jedes Schiff gleich breit ist und auch jeweils seinen 5/8-Schluss hat. Kapellenanbauten im Anschluss an Kapitelsäle sind keine Ausnahmen gewesen, so wurde im Zuge der barocken Umbauten diese zweischiffige gotische Hallen-Kapelle St. Georg vor allem durch den Einbau des mehrstöckigen Hoforatoriums südlich des Chores der Augustinerkirche mit dieser zu einer Einheit verwoben, die ursprünglich in diesem Ausmaß nicht gegeben war.

Analog der Augustinerkirche hat sich auch in der Georgskapelle die Architektur und die Bauplastik original erhalten, von der ursprünglichen Ausstattung jedoch nichts. Die beiden Altäre stammen aus der Romantik (um 1840) und enthalten ältere Bilder, die hl. Apollonia und den hl. Evangelisten Johannes auf Patmos, die vermutlich von älteren Altären aus dem 17. Jhdt. stammen. In der Kapelle befinden sich im Innenraum zwei bedeutende Wandgrabmäler von zwei Mitgliedern der Adelsfamilie Daun, nämlich das des 1741 verstorbenen Wirich Graf Daun, das bald nach 1745 von Jakob Schletterer (Westwand) und dasjenige des 1766 verstorbenen Leopold Graf Daun (Sieger von Kolin 1757), das aus Marmor und aus vergoldetem Blei von Balthasar Ferdinand Moll (Nordwand) geschaffen wurde.

Das auffälligste Einrichtungsstück ist jedoch der Kenotaph für Kaiser Leopold II., der sich inmitten des südlichen Schiffes der Kapelle über einem mächtigen Sockel befindet. Ursprünglich für die Kaisergruft bestimmt, wurde dieser von Franz Anton Zauner 1799 angefertigte Sarkophag in seinen klassizistischen Formen und letztlich noch von einem dem ausgeklungenen Spätbarock inspirierten Repräsentationsgedanken beeinflusst in der Georgskapelle dergestalt aufgestellt, dass diese einen Mausoleumscharakter erhielt.

Auch der Leibarzt von Maria Theresia (+ 1780) Gerhard van Swieten ist in der Gruft dieser Kapelle beigesetzt. Eine schlichte Grabplatte weist darauf hin.

 

Augustinerkirche, Loretokapelle | © Augustiner Wien

Augustinerkirche, Loretokapelle | © Augustiner Wien

Loretokapelle

Im unmittelbaren Anschluss an die Georgskapelle befindet sich außerhalb derselben, jedoch von der Loretokapelle im Bereich des ehemaligen Kapitelsaales zugänglich im Süd-West-Eck die Herzgruft der Habsburg- und Habsburg-Lothringen Dynastie: Die Verteilung sterblicher Überreste an verschiedenen Orten ist eine seit der frühesten Antike aus hygienischen Gründen motivierte Usance. Bei den Habsburgern dürfte zusätzlich die Überlegung besonders frequentierter religiöser Orte eine Rolle gespielt haben. Demnach sind die sterblichen Überreste in der Kapuzinergruft, die Eingeweide in der Eingeweidegruft unter dem Chor des Stephansdomes und die Herzen eben in der Herzgruft in der Augustinerkirche.

Die Loretokapelle, die sich südlich des östlichen Langhauses befindet, wurde ursprünglich 1627 analog zur waldsteinischen Stiftung auf dem Hradschin in Prag errichtet. In der Augustinerkirche jedoch wurde sie inmitten des Kirchenraumes in den drei westlichsten Mittelschiff-Jochen des Langhauses errichtet, wie eine Planskizze aus maria-theresianischer Zeit erkennen lässt. Im Zuge der josephinischen Reformen wurde diese der Casa Sancta in Loreto (Marken, Mittelitalien) nachempfundene Kapelle 1784 an ihren heutigen Standort im Bereich des ehemaligen gotischen Kapitelsaales transferiert.

Heute dient die Kapelle als Versammlungs- und Gebetsort der Mönche und als Gottesdienststätte am Wochentag.

 

Augustinerkirche, Sakristei | © Augustiner Wien

Augustinerkirche, Sakristei | © Augustiner Wien

Sakristei

Südlich des spätestens seit der Verbauung der Basteizone nicht mehr nach außen frei in Erscheinung tretenden zentrierenden Polygons befindet sich die Sakristei mit ihrem 1719 ausgeführten höfisch-eleganten Stuckdekor. Von den als Kunsttischler ausgebildeten Fratres Cajetanus a S. Josepho und Bernardus a S. Antonio stammen die mit reichen Schnitzereien ausgeführten Sakristeischränke, die 1704 ausgeführt wurden und durch die Bereicherung zahlreicher barocker Bilder einen würdigen Rahmen für die Vorbereitung zur gottesdienstlichen Feier im Sinne des barocken Zeremoniells vermitteln.